Forensische Psychiatrie in Dresden

1887 Georg Ilberg (1862 - 1942) trat nach Abschluss des Medizinstudiums eine Stelle als Hilfsarzt in dem von Sigbert J. M. Ganser (1853 - 1931) geleiteten Städtischen Irren- und Siechenhaus Dresden-Löbtau an. Während seiner Heidelberger Zeit von April 1889 bis Mai 1893 traf Ilberg auf Emil Kraepelin (1856 - 1926) und nahm an dem "forensisch-psychiatrischen Praktikum (teil), das Kraepelin im Sommersemester 1892 in Heidelberg für Juristen und Mediziner abhielt" (1).

1894 Am 7. März 1894 erfolgte die Konstituierung der Forensisch-Psychiatrischen Vereinigung zu Dresden (FPVD) durch 7 Juristen, 2 Bezirks- und Gerichtsärzte sowie 7 Psychiater (2). Wesentliche Impulse für diese Gründung sind von dem an die Heilanstalt auf dem Sonnenstein bei Pirna zurückgekehrten Ilberg ausgegangen, der sich gern als Schüler von Ganser und Kraepelin bezeichnete und der in einem Nachruf darauf hinwies, dass "Prof. Kraepelin ... gewissermaßen als der geistige Vater der Dresdner forensisch-psychiatrischen Gespräche" bezeichnet werden könne. Die Mitgliederzahl pegelte sich in den nachfolgenden Jahrzehnten auf etwa 100 Personen ein, wobei Mediziner und Juristen paritätisch vertreten waren. Illberg berichtete regelmäßig in der "Allgemeinen Zeitschrift für Psychiatrie und psychisch-gerichtliche Medizin" in den von ihm zusammengestellten Protokollen und Referaten über die Inhalte der Sitzungen (3). 

1938 Die 280. Sitzung der FPVD, über die 1938 in der Allgemeinen Zeitschrift für Psychiatrie berichtet wurde (4), ist offenbar die letzte Sitzung gewesen. 

1963 Im Jahre 1963 übernahm Ehrig Lange (1921 - 2009) - aus Jena von Rudolf Lemke (1906 - 1957) über Mühlhausen kommend - Klinik und Lehrstuhl für Neurologie und Psychiatrie an der Medizinischen Akademie "Carl Gustav Carus" in Dresden. Er war einer der wesentlichen Protagonisten der forensischen Begutachtungspsychiatrie der DDR (5). Nach einer Zäsur von 25 Jahren wurden nun auch in Dresden wieder forensische Themen diskutiert (6). 

1983 Im Rahmen dessen wurde 1983 auch an die Tradition der Dresdner forensisch-psychiatrischen Gespräche angeknüpft, die seither kontinuierlich mit der Zahl von 3 - 4 Sitzungen pro Jahr fortgeführt werden. Am 19.11.2009 hat es das 90. Forensisch-psychiatrische Gespräch gegeben.

1994 Nachdem 1992 auf der BAB 9 während der Autofahrt zur Münchner Forensischen Herbsttagung der Gedanke aufgekommen war, die Dresdner Forensische Frühjahrstagung gleichsam als Pendant zu begründen, wurde 1994 die erste Tagung durchgeführt - 100 Jahre nach der Gründung der FPVD. Zu den ersten 7 Tagungen wurden die Abstracts der gehaltenen Vorträge an die Teilnehmer ausgegeben. Mit der 8. Tagung wurde begonnen, die überarbeiteten Vorträge gemeinsam mit anderen Arbeiten zum Thema in Buchform zu publizieren (siehe: Veröffentlichungen).

Seit 1994 fand die Dresdner Forensische Frühjahrstagung mit wenigen Ausnahmen am Freitag nach dem Feiertag Christi Himmelfahrt statt (siehe: Frühere Tagungen), um insbesondere auswärtigen Besuchern die Möglichkeit eines längeren Aufenthaltes in Dresden zu geben.

(1) Ilberg G (1906) Bericht über die ersten 100 Sitzungen der forensisch-psychiatrischen Vereinigung zu Dresden. Juristisch-psychiatrische Grenzfragen. Bd. IV, Heft 2, 48-61 

(2) Ilberg G (1897) Die forensisch-psychiatrische Vereinigung zu Dresden. Allg Z Psychiat 53: 583-598

(3) Sutarski S, Bach O (1992) Die Forensisch-psychiatrische Vereinigung in Dresden: Ein Beispiel interdisziplinärer Zusammenarbeit von Psychiatern und Juristen in Sachsen. In. Bach O, Felber W (Hrsg.) Psychiatria Dresdensis. Schriften der Med Akad Dresden. Dresden, Carus-Akademie, Bd. 26, 77-82 

(4) Berichte der 265. bis 280. Sitzung der Forensisch-psychiatrischen Vereinigung zu Dresden. Allg Z Psychiat 108 (1938) 380 ff.

(5) Lammel M (2008) Forensisch Psychiatrie in der DDR. Anmerkungen unter besonderer Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben. In: Six A T I (Hrsg) Forensische Psychiatrie in Brandenburg. Entwicklungen und Brennpunkte. be.bra wissenschaft verlag GmbH, 71-100 

(6) Lammel M (1992) Der idiographisch-kommunikative Aspekt im Rahmen einer anthropologisch verstandenen Psychopathologie - über den Beitrag E. Langes zur Kasuistik in der Psychiatrie. In: Bach O, Felber W (Hrsg) Psychiatria Dresdensis. Schriften der Med Akad Dresden. Dresden, Carus-Akademie, Bd. 26, 9-25

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